»Man sagt, am Ende triumphiere die Wahrheit, aber das ist nicht wahr.«

Joachim Gerber hält es für wichtig, sich mit Anton Cechov zu beschäftigen«. Denn erstens sei er unterhaltsam und zweitens »beschäftigen uns immer noch seine Probleme«.

Samstag, 24. Februar 2018 - 15:00

»Man sagt, am Ende triumphiere die Wahrheit, aber das ist nicht wahr.« – Vielleicht eine Binsenweisheit, aber dieser Satz des Arztes und Schriftstellers Anton Cechov (1860–1904) könnte auch die Überschrift von vielen seiner Erzählungen sein und in ihnen verliert der Satz seinen Beliebigkeit.

Mit seinen Erzählungen handelte er sich unter vielen seinen Zeitgenossen den Ruf eines richtungslosen, pessimistischen Miesepeters ein. Aber er setzte sich in dem Haifischbecken der Lieferanten von Humoresken seiner Zeit durch, widerstand auch den Ratschlägen der Arrivierten, nachdem sie sein Talent erkannt hatten und landete auch nicht im Abseits oder auf der »falschen Seite« wie einige seiner Hauptfiguren in späteren Erzählungen. »Die Widersprüche sind die Hoffnungen« (Brecht). Das ist ein Satz, den vielleicht auch Cechov unterschreiben würde, jedenfalls sah er sich nicht als Misanthropen und lebte auch nicht danach.

Im Vortrag geht es anhand von Beispielen um das erzählerische Werk und auch um biographische und gesellschaftliche Bedingungen unter denen es entwickelt wurde. In erster Linie aber geht es um eine Werbung, Cechov zu lesen, denn erstens ist es unterhaltsam und zweitens beschäftigen uns immer noch seine Probleme.

Zu Cechov kam ich in der Ukraine, wo ich von 1997 bis 2016 mit zweimaliger Unterbrechung als »Bundesprogrammlehrer« in Lwiw und Charkiw arbeitete.

Joachim Gerber

Anton Cechow (Tschechow) – Kurze Biografie

  • Am 17. Januar 1860 in Taganrog geboren.
  • 1876 macht der Vater bankrott und zieht mit der Familie nach Moskau. Cechow bleibt bis 1879 zurück, zieht nach dem Abitur nach Moskau; Immatrikulation zum Studium der Medizin.
  • 9. März 1880 erste Erzählung in der Zeitschrift Strekoza (Die Libelle).
  • 1882 Beginn der Mitarbeit in der St. Petersburger Zeitung Oskolki.
  • 1884 Abschluss des Medizin-Studiums mit dem Titel eines Kreisarztes. Im September erstmals Lungenblutungen.
  • 1886 Beginn der Mitarbeit in Suvorins Zeitung Novoe Vremja.
  • 1888 Puskin-Preis der Akademie der Wissenschaften für die erste Erzählungssammlung In der Dämmerung.
  • 21. April bis 8. Dezember 1890 Reise auf die Sträflingsinsel Sachalin.
  • 1891 erste Reise in den Westen: Österreich, Italien, Frankreich.
  • 1892 Engagement als Arzt bei der Cholerabekämpfung im neuen Wohnort Melichovo.
  • 8./9.1895 erste Begegnung mit Lev Tolstoj in Jasnaja Poljana, September zweite Auslandsreise.
  • 1896 Bau der ersten Dorfschule im Kreis Melichovo.
  • 1897 Beteiligung an der Volkszählung und Bau der zweiten Dorfschule in Novoselki. Blutsturz und Einlieferung in Klinik.
  • September 1897 bis Mai 1898 Reise nach Biarritz und Nizza. Gründung des Künstlertheaters durch Stanislavskij und Nemirovicz-Dancenko.
  • 1898/99 Übersiedlungsprozess nach Jalta.
  • 1900 Wahl zum Ehrenmitglied der Akademie der Wissenschaften u. a. auch mit Tolstoj.
  • 1901 Trauung mit der Schauspielerin Olga Knieper.
  • 1902 Austritt aus der Akademie der Wissenschaften aus Protest gegen die Annullierung der Aufnahme Gorkijs.
  • 17. Januar.1904 Tod in Badenweiler. Wird am 17. April auf dem Friedhof des Jungfernklosters in Badenweiler beigesetzt.